Interview: Bill Gates macht sich keine Sorgen wegen Google

CNET: Heute Morgen sprachen Sie über manche der Probleme, die Software noch nicht gelöst hat – Spracherkennung, Sicherheit, Präsenz. Was steht bei der Lösung dieser Probleme im Weg?

Gates: Die Geschwindigkeit bei den Softwareinnovationen ist heute so schnell wie immer. Bei der Spracherkennung sind die Fehlerquoten in den letzten zehn Jahren ständig geringer geworden. Klar, wir haben noch nicht diese magische Schwelle erreicht, bei der die Spracherkennung besser ist als die Tastatur.

Es lässt sich nur schwer sagen, wann das der Fall sein wird. Wir sind fest davon überzeugt, dass sich die Spracherkennung irgendwann in den kommenden zehn Jahren bei der Masse durchsetzen wird. Wenn Sie Ihr Telefon benutzen, findet der meiste Input über Sprache statt. Am Desktop wird das eine Mischung aus Sprache, Tastatur und Stift sein.

Wir machen Nägel mit Köpfen. Es ist wie mit Internet-Fernsehen. Ich sagte schon vor über zehn Jahren, dass das kommen würde. Es hat zwar länger gedauert als erwartet, doch bin ich sehr froh, dass wir schon früh eingestiegen sind und darin investiert haben. Über die Spracherkennung denke ich genauso. Sie wird zum Alltag gehören.

CNET: Reden wir einen Moment über WinFS. Das ist eine gute Idee. Manchmal lassen sich diese wirklich großartigen Ideen aber nur schwer implementieren, wenn man eine äußerst große Kundeninstallationsbasis hat, die unterschiedliche Windows-Versionen benutzen, wie das bei Microsoft der Fall ist. Diese vorhandenen Systeme scheinen die Einführung neuer Technologien zu behindern. Stellt dies ein Hindernis dar für die drastischen Änderungen, die Sie gern bei Windows vornehmen würden?

Gates: Nun, so ist es im Leben. Wir sind sehr gut positioniert, da wir vieles von dem, was da draußen ist, kennen und verstehen, wie wir den Umstieg auf die nächste Version sehr unkompliziert und mit einem Minimum an Diskontinuität gestalten können. Ich war schon immer ein starker Verfechter von WinFS. Ich war nie damit zufrieden, dass wir es als reine Client-Technologie herausbrachten, und ich machte mir darüber Sorgen. Nun haben wir es vorgezogen, diese reine Client-Sache zu überspringen und es mit einem großen Knall als Client-Server-Release herauszubringen. Hier gibt es noch viel zu tun, und das ist alles in dem nächsten Release von SQL Server verpackt.

Diese Dinge sind nicht einfach. Sie sind fantastisch, wenn sie erst einmal umgesetzt sind, da sie alles unheimlich vereinfachen. Das ist die Art Sache, die nach einem Unternehmen mit einer langfristigen Strategie in diesen Dingen verlangt, einem Unternehmen, das willens ist, etwas ziemlich Riskantes zu tun. Die Office 12-Benutzeroberfläche, die Sie heute Morgen gesehen haben, ist auch ein gutes Beispiel hierfür. Microsoft war bereit, sich von dieser 2-D-Menüstruktur, in der die Dinge irgendwie vergraben sind, einfach zu verabschieden. Hier haben wir Office, die meistgebrauchte Software aller Zeiten, mit der die Menschen vertraut und zufrieden sind. Besonders unsere Office-Leute wollen alles immer hundertprozentig machen. Sie beschlossen, dass es an der Zeit sei, mal etwas Abstand zu nehmen. Unter den Anwendern wird der eine oder andere wohl ziemlich schockiert sein. Sie werden sich allerdings recht schnell daran gewöhnen.

CNET: Wenn man die Open-Source-Welt betrachtet, sieht man diesen Trend weg vom Verkauf von Lizenzen und hin zum Verkauf von Support. An diesem Trend nehmen viele Leute teil, Sie aber sind bisher skeptisch gewesen. Warum eigentlich? Sind Sie der Meinung, dass das grundsätzlich das falsche Modell ist?

Gates: Die Branche wird immer eine Mischung aus kostenloser und kommerzieller Software sein. Es wird also ein Gleichgewicht zwischen diesen geben. Ich glaube, dass beide sehr stark vertreten sein werden. Es gibt ein paar Fanatiker, die der Meinung sind, dass es keine Software-Jobs geben sollte, dass wir alle tagsüber zum Beispiel mit Haarschneiden beschäftigt sein und nachts Code schreiben sollten. Wenn man manche dieser extremen Auffassungen nimmt, kann man leicht sagen, dass das nicht stimmt. Es gibt solche Sachen wie Kompatibilität und Rund-um-die-Uhr-Support und große Fortschritte wie IPTV oder Spracherkennung. Die gründliche Arbeit, die man zehn Jahre lang leisten muss, die kostet mehrere Millionen, ja, mehrere Milliarden Dollar. Das ist die kommerzielle Seite. Ihre Stärke liegt in der Einstellung von Mitarbeitern und dem Verkauf von Lizenzen und der Übernahme der Risiken, die damit verbunden sind.

Ich habe schon immer viel von niedrigen Kosten und hohem Volumen gehalten. Diese Kosten sollten eine selbstverständliche Ausgabe sein, denn sie ersparen Ihnen Personaleinsatz-, Hardware- und Kommunikationskosten, die im Vergleich zum Preis von Standard-Software einfach enorm sind. Dieser Kostenpunkt hat schon fast nur noch die Dimension eines Rundungsfehlers. Der Nutzen, den Sie aus dem System ziehen, ist wesentlich größer als das. Ich glaube einfach nicht an ein einziges Modell. Es gibt eine Menge prima Dinge, die man machen kann. Ich glaube aber nicht, dass jemand, der vollständig auf Lizenzgebühren verzichtet, jemals ein solides F&E-Budget haben und die schwierigen Dinge tun wird, Dinge, die sich in einer Universitätsumgebung nicht realisieren lassen. Das ist aber auch in Ordnung so. Es wird, so hoffe ich, eine kommerzielle Softwareindustrie geben, mit Unternehmen, deren Strategie langfristig orientiert ist, und die Investitionen tätigen, die neue Durchbrüche bringen.

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