Interview: Bill Gates macht sich keine Sorgen wegen Google

CNET: Unter Entwicklern wird das Interesse, im Gegensatz zu PC-basierten webbasierte Applikationen zu entwickeln, immer größer. Haben Sie das Gefühl, dass Sie mit Google, Yahoo und anderen Internet-Firmen um die Aufmerksamkeit der Entwickler buhlen müssen?

Gates: Der Meinung bin ich nicht. Die Architektur, an der wir interessiert sind, bezeichnen wir mit „Server-gleich-Service“, so dass wir die vollen Exchange-Fähigkeiten zur Verfügung stellen: Entweder die Software läuft bei uns und Sie nutzen sie als Service, oder Sie können sie auch vor Ort im Rahmen einer herkömmlichen Lizenzierung benutzen. Bei dieser Konferenz veröffentlichen wir in der Tat APIs (Application Programming Interfaces) für MSN Search und MSN Virtual Earth, also Services, die bisher auf dem Internet basierten, man kann also Client-Applikationen entwickeln, die mit anderen Services verknüpft werden können. Ich würde also sagen, dass die Evolution vom Server in Richtung Service verläuft und in der Schaffung von Symmetrie besteht.


Google steckt noch voller Anfangseuphorie. Daher denken die Leute, dass Google einfach zu allem fähig ist.


Es gibt zwar Gerüchte, dass sich Google auch für den Bereich Services interessiere, doch hat sich dort nicht gerade viel getan. Unsere Such-API ist wesentlich besser als die Such-API von Google. Klar ist das Unternehmen auf diesem Gebiet aktiv. Im Server-Bereich hat es allerdings noch nicht so viel getan. Es gab mal einen Google-Server, der allerdings im Bereich Corporate Search alles andere als gut war. Das klappte überhaupt nicht. Das ist das einzige Mal, meine ich, dass Google im Server-Bereich etwas getan hat. Yahoo sieht sich nicht als Plattformunternehmen. Ich glaube auch nicht, dass man jemals eine Yahoo-Entwicklerkonferenz haben wird. Google steckt noch voller Anfangseuphorie. Daher denken die Leute, dass Google einfach zu allem fähig ist.

CNET: Ich vermute mal, das ist Ihr Problem, oder? Google befindet sich nun mal in dieser Phase, und ganz gleich was Google macht, es erregt Aufmerksamkeit.

Gates: Stimmt. Man bringt Google Talk raus – nichts weiter als noch ein Messaging-Service – und das ist dann eine große Sache. Wir hatten allerdings unsere eigene euphorische Anfangsphase, und in den Jahren von circa 1985 bis 1995 machte die auch Spaß. Und wir hatten auch viele Konkurrenten, die sich in diesem Zustand anfänglicher Begeisterung befanden. Ich würde aber sagen, dass Google in mancher Beziehung die größte Anfangseuphorie zeigt, die ich jemals gesehen habe.

CNET: Stellt das für Microsoft auf lange Sicht eine Bedrohung dar? Unternehmen wie Google kommen an, haben diese Idee von Webentwicklung, machen sie einer breiten Masse zugänglich, und die Leute hören zu?

Gates: Entwickler bauen im Moment nicht auf irgendeinem Google-Ding auf. Die Idee, dass die Computerindustrie ihre Angebote drastisch mit diesem Server-gleich-Service-Ansatz vereinfachen und umfassendere Services anbieten kann, davon bin ich vollkommen überzeugt, und wir müssen hier in vorderster Linie mitmischen. Die Vorstellung, dass die Verwaltung automatischer werden kann, dass Software-Updates automatischer werden können, die Zustandsreplikation automatischer – hier gibt es ein paar großartige Dinge, welche die Industrie vorantreiben können. Sie sind äußerst komplex, weshalb wir für hohe Zuverlässigkeit und hohe Sicherheit sorgen müssen, wenn man das tun will. Wir haben erst jetzt die erforderliche Ausgereiftheit bei XML- und Web-Services-Protokollen, um das in Angriff nehmen zu können.

Google stellt also noch keine Entwicklungsangebote bereit. Natürlich gehe ich davon aus, dass dies nur eine Frage der Zeit ist. Heute mischt das Unternehmen in diesem Spiel allerdings noch überhaupt nicht mit. Google hat den Slogan, dass es die Daten der Welt organisieren wird. Unser Slogan ist, dass wir den Menschen Tools an die Hand geben, mit denen sie selber die Daten der Welt organisieren können. Das ist ein etwas anderer Ansatz. Wir stellen all unsere Funktionen als Plattform bereit und betrachten uns nicht selber als den großen Organisator.

CNET: Das könnte man also den Unterschied in der Philosophie nennen – zwischen Microsoft und dem, was Google derzeit macht?

Gates: Nun, uns ist nicht alles bekannt, was Google im Moment so treibt. Wir kennen aber den Unternehmensslogan und stimmen diesem nicht zu.

Themenseiten: Anwendungsentwicklung, IT-Business, Microsoft, Software, Technologien, Webentwicklung, Windows Vista

Fanden Sie diesen Artikel nützlich?
Content Loading ...
Whitepaper

Artikel empfehlen:

Neueste Kommentare 

Noch keine Kommentare zu Interview: Bill Gates macht sich keine Sorgen wegen Google

Kommentar hinzufügen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *