Studentensatellit ist startklar

Hard- und Software für die nachfolgenden Weltraumflüge sollen getestet werden

Junge Studenten aus ganz Europa bauen gemeinsam Satelliten, die in drei unterschiedlichen Missionen erst um die Erde fliegen, dann auf dem Mond landen und zu guter Letzt dort einen Rover aussetzen sollen. Was wie eine verrückte Vorstellung klingt, wird in den nächsten Wochen Wirklichkeit, denn dann schickt die Europäische Weltraumorganisation (Esa) im Rahmen einer Ausbildungsinitiative den ersten, inzwischen fertig gestellten Satelliten namens SSETI-Express ins Weltall.

Das vorrangige Ziel dieses innovativen Projekts (SSETI steht für „Student Space Exploration & Technology Initiative“) galt der Ausbildung der angehenden Luft- und Raumfahrttechniker: Sie sollten endlich einmal die Hardware, die sie entwickeln, auch fliegen sehen. Diese Motivationshilfe zog ungemein: Innerhalb von nur 18 Monaten bastelten die Studenten ihr erstes flugfähiges Satellitenprodukt zusammen.

Dabei handelt es sich laut Esa um ein „waschechtes paneuropäisches Raumfahrzeug“: Die Studenten stammen aus zwölf Ländern, jede teilnehmende Universität ist für ein Subsystem des Satelliten wie etwa Antrieb, Steuerung oder Berechnung der Umlaufbahn zuständig. Die Studenten sind zudem selbst verantwortlich für die Planung, den Bau und die Finanzierung ihres Systems. Kommuniziert wurde in den vergangenen Monaten via Chat, E-Mail und Telefonkonferenzen.

Im Esa-Weltraumtechnologiezentrum Estec fügten die Studenten schließlich alle gelieferten Teile des Satelliten zusammen. Dort fanden dann auch die notwendigen Hitze-, Kälte- und Rütteltests statt. Die Entwicklungskosten des Satelliten seien mit rund 100.000 Euro „sagenhaft billig“ gewesen, sagt Jörg Schaefer von der Universität Stuttgart, an der das Antriebssystem konzipiert wurde. Die Studenten griffen zuweilen auf unkonventionelle Methoden zurück und verwendeten beispielsweise Ventile aus der Medizintechnik für den Antrieb. Die Kosten für den Start seien allerdings um einiges teurer, sagt er.

Jetzt ist der kühlschrankgroße Satellit fertig und bereits auf dem Weg zum nordrussischen Kosmodrom Plessezk. Von dort aus soll er zusammen mit zwei britischen und zwei russischen Satelliten mit einer Trägerrakete vom Typ Kosmos-3M ins All starten. Eigentlich sollte es am heutigen Donnerstag losgehen, doch technische Schwierigkeiten sorgten für eine Verschiebung des Starttermins auf Ende September. Daran seien allerdings nicht die Studenten schuld, versichert, Schaefer, sondern die anderen „Mitreisenden“. Beim Start werden Schaefer sowie vier weitere Projektteilnehmer vor Ort sein und den 62 Kilogramm schweren Satelliten für seine Reise vorbereiten.

Wenn sich der Raumflugkörper dann bald auf einer polaren Umlaufbahn in knapp 700 Kilometer Höhe befindet, sollen mit Hilfe einer Kamera an Bord – gebaut von Studenten aus Dänemark – Bilder von der Erdoberfläche angefertigt werden. Ein zweites Ziel dieser ersten Mission ist es, die Hard- und Software für die nachfolgenden Weltraumflüge zu testen. Außerdem setzt der SSETI-Express drei jeweils zehn Zentimeter große Würfelsatelliten aus. Neben einem norwegischen und einem japanischen ist auch ein kaum milchtütengroßer Satellitenzwerg der Universität Würzburg dabei. Dieser Testsatellit dient dazu, die gängigen Internet-Protokolle für den Einsatz bei Weltraummissionen zu qualifizieren.

Nach der eigentlichen Missionszeit von etwa einem Monat wird der SSETI-Express dann sein zweites Leben als Funk-Transponder für Amateurfunker beginnen. Und das geht so lange, bis die Systeme versagen. Doch die spannende Arbeit für die Studenten geht weiter: Eine zweite, komplexere Studentensatelliten-Mission namens SSETI-Eseo kündigt sich bereits an. Der neue Raumflugkörper solle vermutlich 2007 mit der Ariane 5 ins All gebracht und im geostationären Orbit in 36.000 Kilometern Höhe positioniert werden, teilte die Esa mit. Geplant seien außerdem ein Studenten-Mondorbiter sowie ein Mondrover. Und danach vielleicht sogar ein Marsorbiter.

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