Unerwarteter Boom bei Plasma-TV-Geräten

"Wir können trotz Kapazitätsausweitungen die Nachfrage derzeit überhaupt nicht befriedigen"

Mit rund 3,6 Millionen Stück wurden 2004 weltweit gut doppelt so viele Plasma-Bildchirme ausgeliefert als noch im Jahr zuvor. Als Grund nennt das Marktforschungsinstitut Display-Search massive Preissenkungen und eine steigende Nachfrage besonders nach großen Bildschirmdiagonalen. Und hier haben die Plasma-Geräte noch immer eine unangefochtenen Marktanteil von über 90 Prozent, wie die japanische Techno-Systems-Research meldet. Ein Grund für das kräftige Wachstum ist besonders die steigende Nachfrage der Werbeindustrie.

Jeden Morgen melden sich auf die Sekunde pünktlich 660 digitale Mitarbeiter der Fast-Food-Kette Burger King in Aachen zur Arbeit. Es sind großformatige per Internet angschlossene Plasma-Bildschirme in den Filialen, die komplett von der Zentrale der ICT AG in Aachen aus per DSL-Leitung oder Satellit ferngesteuert werden. Von der Lüfterdrehzahl im Gehäuse bis hin zu den gerade gezeigten Inhalten wird hier alles kontrolliert und gesteuert. Egal, ob neue Hamburger-Preise, regional angepasste Werbeaktionen oder angesagte Videoclips über den hauseigenen „King Channel“.

Die Bildschirme dazu hat der japanische NEC-Konzern geliefert. 660 Stück der 42 Zoll – (107 cm Diagonale) großen Plasma-Bildschirme mit der Standardauflösung VGA (640 x 480 Pixel) wurden seit Anfang 2004 in den Filialen der Hamburger-Kette angeschraubt. Das ICT-System kam so gut an, dass jetzt auch Pilotprojekte mit dem deutschen System in den Niederlanden, England und sogar im Burger King Mutterland USA gefahren werden.

„Das Business-Geschäft mit Plasma-Schirmen läuft hervorragend“, sagt Ralf Wolf von NEC Deutschland. Auf der Messe Euroshop ab dem 19. Februar in Düsseldorf wird NEC sogar ein klimatisiertes Display speziell für den Einsatz in der Außenwerbung vorstellen. Das soll dann auch extremen Temperaturschwankungen widerstehen.

Die Industrie-Nachfrage nach großen, aber eher einfachen Displays erklärt zum Teil, warum die Plasma-Hersteller trotz massiver Konkurrenz aus dem Lager der LCD-Hersteller noch immer optimistisch in die Zukunft sehen. Bei Dispaly-Search rieb man sich verwundert die Augen – der Absatz von Plasma-Displays übertraf im Weihnachtsquartal mit einem Plus von 37 Prozent (zum Vorquartal) die Voraussagen um glatte drei Prozentpunkte.

„Wir können trotz Kapazitätsausweitungen die Nachfrage derzeit überhaupt nicht befriedigen“, sagt Peter Weber von Panasonic Europe. Panasonic liefert speziell für Großkunden Geräte mit Moduleinschüben für WLAN- und Lan-Adapter oder ganze Single-Slot-PC. Laut Display-Search dominiert die Panasonic-Mutter Matsushita den Bereich der „Public Displays“, während Koreas Samsung den TV-Markt anführt.

Ende 2005 könnte sich das ändern: Dann wird ein viertes Plasma-Werk in Japan bei Matsushita die Produktion aufnehmen. Es wird pro Monat rund 200 000 Schirme in der beliebten Größe von 42 Zoll ausspucken und dann das größte Werk seiner Art der Welt sein. Der Bereich 42 Zoll bis 43 Zoll (107 bis 109 cm) macht mittlerweile 76 Prozent aller weltweit verkauften Plasma-Schirme aus. Und diesen Bereich will die Industrie nicht kampflos aufgeben.

Der Trend zur Werbung auf preiswerten Großdisplays ist dementsprechend ein Glücksfall für die Plasma-Display-Hersteller. Denn LCD-Fernseher haben die Gasentladungs-Fernseher längst aus dem kompletten TV- und Monitorbereich bis zur Größe von 37-Zoll verdrängt. Der japanische Konzern JVC etwa wird den Verkauf seines 35 Zoll-Plasma-TV-Geräts dieses Jahr einstellen. Das kleinste Plasma-Gerät wird dann eine Diagonale von 42 Zoll haben.

Auf größere Entfernungen, wenn die technisch bedingte gröbere Pixelstruktur der Plasmas im Vergleich zu den feineren LCD-Schirmen keine Rolle mehr spielt, bevorzugen viele Konsumenten noch immer Plasma-TV, weiß auch Thomas Ferrero, Marketingchef bei Samsung Deutschland. „Das wärmere Plasma-Bild ist näher an dem der klassischen TV-Röhre“, weiß er.

Und das schlägt sich auch in den Absatzzahlen nider: Die großen Spieler wie Samsung SDI, LG Electronics, Pioneer und Matsushita haben alle im Weihnachtsquartal wenigsten 31 Prozent Wachstum hingelegt. Und trotz zweistelliger Preissenkungen im dritten Quartal in Folge konnte die Branche ihren Umsatz 2004 um 51 Prozent auf 4,3 Mrd. Dollar steigern.

Der Preisvorteil ist dementsprechend noch immer der größte Pluspunkt, gerade für Großabnehmer. Ein Markengerät mit 108 cm ist heute schon um 2500 Euro zu bekommen. Von solchen Preismarken sind LCD-Geräte noch weit entfernt. Panasonic-Mann Weber: „Je größer die Schirme, umso größer immer noch der Preisvorteil, auch in der Herstellung.“ Gerade erst haben Panasonic und Hitachi beschlossen, ihre PDP (Plasma-Display-Panel) Produktion zusammen zu legen, nicht zuletzt, um günstiger forschen und produzieren zu können.

Die LCD-Industrie holt allerdings mit jeder Generation ihrer Fabriken ein kleines Stück auf. Und sie setzt auf HD-TV, das hochauflösende Fernsehen. „Die HD-TV-Zeit wird die Zeit der LCD-Schirme“, sagt Jürgen Wilkin von JVC Deutschland. JVC wird zwar zwei große neue Plasma-Geräte dieses Jahr zeigen, aber gleichzeitig auch zwanzig neue LCD-Geräte. Unter 37 Zoll nämlich ist LCD konkurrenzlos günstig in der Herstellung.

Die Vorsicht ist berechtigt. Laut Display-Search liegt im 42 Zoll-Plasma-Markt der Anteil der nicht-HD-TV-fähigen Panels (mit 480 Linien horizontal) bei 54 Prozent. Während in Japan acht von zehn Plasma-Geräten HD-TV-Qualität haben, sind es weltweit nur vier von zehn. Hier merkt man den Nachfrageschub der Industrie nach billigen Panels und das fehlende Angebot an HD-TV-Sendern in Europa. Das macht HD-Geräte noch wenig interessant. Aber das, hoffen auch die Anbieter von Plasma-Fernsehern, wird sich bald ändern. Dann nämlich – wenn die LCD-Fernseher auch den 42 Zoll-TV-Markt überrollt haben dürften – hoffen sie, wieder mit ihren riesigen HD-TV-Schirmen von 50 Zoll und mehr die Nase vorn zu haben. Handverlesene LCD-Geräte in solchen Größen werden derzeit nur zu Sammlerpreisen gehandelt, wenn sie denn überhaupt erhältlich sind. Und liefern muss man schon können, um überhaupt Geschäfte zu machen.

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