T-Online-Übernahme wird zum Politikum

Vorwurf: "Massiver Schaden für die Aktienkultur in Deutschland"

Die umstrittene Reintegration der Internettochter T-Online in die Deutsche Telekom führt zu politischen Auseinandersetzungen. Die Unionsparteien werfen der Bundesregierung vor, als größter Anteilseigner der Telekom missbrauche sie das Vertrauen der Kleinanleger. Die Strategie der Regierung führe zu „einem massiven Schaden für die Aktienkultur in Deutschland“, sagte Michael Glos, Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, dem Handelsblatt.

Die Telekom hatte ihren Internetableger im April 2000 für 27 Euro je Aktie an die Börse gebracht. Jetzt will die Telekom, die noch rund 75 Prozent der T-Online-Anteile hält, die Tochter vollständig in den Konzern zurückholen und bietet den Aktionären dafür 8,99 Euro in bar. Die Offerte läuft noch bis zum 4. Februar. Bislang haben die Anleger dem Konzern allerdings lediglich 0,07 Prozent des Grundkapitals angedient. Die meisten Investoren hoffen auf ein höheres Angebot. Das zeigt der aktuelle T-Online-Kurs, der mit 9,81 Euro klar über der Barofferte liegt. Der Bund kontrolliert direkt oder indirekt nach wie vor 38 Prozent der Deutschen Telekom.

„Aus Sicht der Aktionäre, insbesondere der 1,5 Millionen Kleinaktionäre, ist das Abfindungsangebot zu niedrig. Sie fühlen sich über den Tisch gezogen“, sagt CSU-Politiker Glos. Jetzt zeige sich erneut, dass die Aktionäre die Zeche dafür bezahlen müssten, dass Bundesfinanzminister Hans Eichel seit Jahren die Telekom als Werkzeug benutze, um seinen maroden Haushalt zu finanzieren.

Damit vertritt Glos eine ähnliche Meinung wie die Aktionärsvertreter der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW). „Das bisherige Angebot ist extrem ärgerlich“, klagt DSW-Sprecher Jürgen Kurz. Das Thema Telekom habe sich für die Aktionäre zu einer ganzen Sammlung von Enttäuschungen entwickelt. Dabei habe auch der Bund eine unrühmliche Rolle gespielt, etwa bei der Versteigerung der UMTS-Lizenzen, deren enorme Kosten die gesamte Telekombranche noch immer belasteten. Eine Frankfurter Anwaltskanzlei warnt allerdings davor, die Rolle des Bundes zu dramatisieren. Die Regierung habe wenig Spielraum und sei wie alle übrigen Aktionäre an das Aktienrecht gebunden. „Sollte sich der Bund zu Lasten der anderen Anteilseigner der Telekom verhalten, drohen ihm Ausgleichsforderungen.“ Die Telekom müsse den Unternehmenswert für ihre Aktionäre maximieren, und strategisch sei die Wiedereingliederung von T-Online absolut sinnvoll, sagt ein hochrangiger Investmentbanker.

Aus dem Finanzministerium heißt es zu den Vorwürfen der Union, dass das Abstimmungsverhalten im Aufsichtsrat der Telekom der Verschwiegenheitspflicht unterliege. Im Übrigen seien wesentliche Fragen der Reintegration von T-Online noch nicht entscheidungsreif.

Sollten die T-Online-Aktionäre der Barofferte der Telekom weiter kritisch gegenüberstehen, müsste der Konzern einen Aktientausch anbieten. Das Umtauschverhältnis würde von unabhängigen Gutachtern festgelegt. „Damit könnten die Aktionäre der Internettochter etwas besser fahren“, hofft DSW-Sprecher Kurz. Aber auch das ist nicht sicher. Nach Informationen aus Aufsichtsratskreisen will die Telekom bis 2006 ihren Nachsteuergewinn verdoppeln. Die zuversichtlichen Gewinnschätzungen hätten Folgen für die T-Online-Anleger, weil sich das Verhältnis der Unternehmensbewertung zu Gunsten des Mutterkonzerns verschiebe, meinen die Analysten der BHF-Bank. Damit müssten sich die T-Online-Aktionäre mit einer geringeren Abfindung zufrieden geben als erhofft.

Wenn es der Telekom nicht gelingt, mit ihrem Tauschangebot mindestens 90 Prozent der T-Online-Anteile einzusammeln, bräuchte sie für die geplante Reintegration die Zustimmung der Hauptversammlung, auf der der Bund als Großaktionär der umstrittenen Wiedereingliederung zustimmen müsste. Sollte es so weit kommen, rechnen Finanzkreise mit weiterem politischem Ärger, weil die für den 26. April geplante Hauptversammlung ins Vorfeld der wichtigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen fallen würde.

Unterdessen hat sich nach Informationen des Wall Street Journals eine Gruppe von Hedge-Fonds unter den T-Online-Aktionären zusammengetan, um für sich einen besseren Übernahmepreis mit der Telekom auszuhandeln. Ihr Argument: Ein Deal mit der Gruppe, die rund sechs Prozent des T-Online-Kapitals kontrolliert, würde die Telekom deutlich näher an ihr Ziel bringen, 90 Prozent des T-Online-Kapitals zu akquirieren – eine Abstimmung unter den Aktionären wäre vermieden.

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Neueste Kommentare 

3 Kommentare zu T-Online-Übernahme wird zum Politikum

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  • Am 24. Januar 2005 um 22:06 von Thomas Walter

    T-Online-Übernahme wird zum Politikum
    Die von der politischen Führung im Hintergrund dominiert Telekom ist weit davon entfernt, ein Privatunternehmen zu sein. Zu sehr hängt der Finanzminister am Tropf des ehemaligen Staatsunternehmens. Daher ist auch kaum damit zu rechnen, dass sich die Judikative oder die Legislative aktiv einmischen wird.
    Die T-Online-Übernahme ist keineswegs eine Übernahme eines komplementären oder konkurrierenden Unternehmens, sondern eine äußerst geschickt eingefädelte Masche, vielen gutgläubigen Menschen ihr hart verdientes Geld aus der Tasche zu ziehen. Ich kann nur jedem gratulieren, der "nur" 25 Aktien der Tranchen zugeteilt bekam. Da bleibt nun der realiserte Verlust in erträglichen Grenzen. Der Dumme ist letzendlich wieder der "kleine Mann", da ein realiserter Spekulationsverlust von der Einkommensteuer abzugsfähig ist (sofern man heutzutage etwas verdient und nicht arbeitslos ist).
    Auf jeden Fall sollten alle Betroffenen bei neuerlichen Aktivitäten an der Börse genau überlegen, ob sie ihr Geld nicht lieber einem professionellen Fondsmanagement wie z.B. Pioneer oder Templeton anzuvertrauen.
    Wohl dem, der die Möglichkeit hat die Telekom dafür abzustrafen, indem er seinen Festnetzanbieter wechselt.

  • Am 25. Januar 2005 um 7:53 von Ingo Heinroth

    T-Online-Übernahme wird zum Politikum
    Es bewahrheit sich immer wieder, der Bund ist nicht nur der größte Steuerverschwender aller Zeiten, sondern auch der größte Betrüger am Volk. Unsere Regierenden bedienen sich bei uns wie im Selbstbedienungsladen und versuchen ihr Fehlverhalten beim Bürger zu vertuschen. Es wäre mal Zeit, jedem Politiker die persönliche Haftung für sein Handeln aufzudrücken (wie es in der freien Wirtschaft bei jedem Arbeitnehmer üblich ist) damit es für sein Fehlverhalten auch materiell verantwortlich gemacht wird!

  • Am 27. Januar 2005 um 22:14 von Realist

    Nepper, Schlepper, Bauernfänger
    Für die Verantwortlichen gibt es nur eine treffende Bezeichnung:

    Betrüger u. Volksverräter!

    Die Verantwortlichen gehörten nicht eingesperrt, sondern man sollte Ihnen eine Freifahrt auf "dem alten Blitz" spendieren.

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