Ist das Ende von Moores Gesetz in Sicht?

Ab und zu sollte man die Schwarzseher Ernst nehmen. Deren Aufgabe ist es natürlich, nach dunklen Streifen am ansonsten klaren Horizont zu suchen. Eines der düsteren Szenarien besagt, dass Moores Gesetz - zentraler Antrieb für den IT-Fortschritt der letzten 30 Jahre - in unmittelbarer Zukunft an Fahrt verlieren wird.

Gordon Moore war einer der Mitgründer von Intel und machte die berühmte Vorhersage, dass sich die Packungsdichte von Mikroprozessoren alle 18 Monate verdoppeln würde. Eine höhere Packungsdichte bedeutet, dass die Schaltkreise immer kleiner und immer enger zusammengepackt werden, was die Geschwindigkeit und Performance von Chips steigert. Jeder weiß, dass Moores Gesetz dafür verantwortlich ist, dass heute höhere Rechenleistung für weniger Geld zu haben ist: Die Rechenleistung eines Nintendo Game Cube für 299 Dollar stellt die Leistung eines fünf Jahre alten PC für damals 2000 Dollar leicht in den Schatten.

Die Schwarzseher haben Recht, wenn sie die unbegrenzte Gültigkeit von Moores Gesetz in Frage stellen: Kann es immer so weiter gehen?

Es gibt genug technische und physische Hindernisse, die das unweigerliche Scheitern von Moores Gesetz als Crash in Zeitlupe erscheinen lassen. Die Dimensionen der Schaltkreise, die sich inzwischen dem 90-Nanometer-Bereich nähern, können nicht viel kleiner werden, ohne fundamentale Änderungen an der Fertigungstechnik von Halbleitern vorzunehmen. Die Grenzen der Fotolithografie sind dabei bereits verschoben worden, indem man „Phasenverschiebungs“-Masken und fortschrittlichere Fotolacke verwendet (d.h. für die Verwendung mit kurzwelligem Ultraviolett-Licht) um auch noch das Letzte aus dem Lichtspektrum herauszuholen.

Diese grundlegende Technik der Chipherstellung ist es, was das Drucken von Schaltkreisen in Silizium ermöglicht, so wie Bücher oder Zeitschriften in Massen gefertigt werden. Bei einem Blick in die Zukunft wird man erkennen, dass die Dimensionen der Schaltkreise sich immer mehr der physischen Grenze der Wellenlänge des Lichts nähern, und somit werden die immer kleineren Schaltkreis-Abmessungen, von denen Moores Gesetz spricht, eine Herausforderung für die traditionelle Fotolithographie darstellen. Man wird neue Methoden der Massenfertigung finden müssen, sonst werden die Schaltkreise von morgen so hergestellt werden, wie Mönche einst Bibeln schrieben: ganz langsam, Stück für Stück.

» Wie beim Fußball kommt es nicht darauf an, wie schnell man läuft, sondern welche Mannschaft die meisten Punkte erzielt. «

DAVID YEN, EXECUTIVE VICE PRESIDENT, SUN MICROSYSTEMS

Es ist zwar interessant, über das Ende von Moores Gesetz zu spekulieren, aber was, wenn die Frage gar nicht richtig gestellt wurde? Was, wenn die Chipherstellung sich nicht in der Folge von Moores Gesetz in eine Sackgasse bewegen, sondern eine völlig andere Richtung einschlagen würde? Und was, wenn man die Energien nicht manisch auf immer schnellere Chips konzentrieren, sondern eher einen Schritt zurück machen würde, um nach Techniken zur Steigerung der Kapazität und Performance im System als Ganzem zu suchen?

Genau an diesem Scheideweg befindet sich die Branche derzeit, und die Folge wird eine weitere Welle technischer Innovationen sein.

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1 Kommentar zu Ist das Ende von Moores Gesetz in Sicht?

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  • Am 2. April 2004 um 17:17 von Karl Napp

    Ist das das Ende von SUN?
    Hallo Alle,

    könnte es sein, dass SUN auf dem Wege der Prozessorentwicklung gescheitert ist? Dass die SUN-Prozessoren speed-mäßig am Ende sind? Warum verwendet SUN auf einmal Opteron 64 Prozessoren von AMD für einen Teil seiner Server?

    Das alles hatten wir schon einmal bei SUN Mitte der 90er. Damals dauerte die EInführung der neuen Prozessoren länger, als man dachte. Also ging man damals schon in die Multiprozessorsysteme. Das ist ja gut und gesund. Doch den Hot-Rods (z.B. Intel oder AMD) die Zukunft abspenstig machen zu wollen, halte ich schon für gewagt …

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