Adrian Lamo vor dem Prozess: Bekenntnisse eines Hackers

Als Sie in diese namenlosen Systeme eingedrungen sind, haben Sie da je gedacht, das dies hier daraus folgen könnte?
Ich wusste immer, dass das eine Möglichkeit war, aber ich habe die Regierung immer vernünftiger eingeschätzt.

Was meinen Sie damit?
Ich habe erwartet, dass sie ihre Kapazitäten sinnvoll auf anstehende Probleme verteilen. Ich habe einfach gedacht, sie würden das besser machen. Ich verstehe nicht, was sie hiermit erreichen wollen, wem sie zu helfen glauben, für was sie hier einen Präzedenzfall schaffen. Es kommt nicht darauf an, ob man sich zurückhält, oder ob man anderen vertraut. Die Mühe lohnt sich überhaupt nicht. Die verfolgen einen einfach trotzdem. Und wenn das so ist, mal ernsthaft, welche Motivation gibt es dann, sich ehrlich zu verhalten?

Aber wenn Sie gegen Strafgesetze verstoßen haben, ist das doch eine ganz vernünftige Reaktion?
Es ist eine angemessene Reaktion, wenn man das Gesetz buchstabengetreu auslegt, aber meiner Meinung nach keine vernünftige Reaktion… Ich glaube, hier werden Kapazitäten verschleudert. Allein die vielen FBI-Agenten, die mir in der Umgebung des Hauses meiner Eltern aufgelauert haben, hätten stattdessen viele, viele wichtigere Dinge erledigen können.

Dann argumentieren Sie also, dass die FBI-Leute irgendwelche Entführer oder Al-Kaida-Mitglieder suchen hätten sollen?
Das ist kein Punkt, den ich zu meiner Verteidigung verwende. Das würde mich in diese ganze „Warum suchen Sie nicht nach Terroristen“-Geschichte verwickeln. Das möchte ich nicht. Aber ich denke trotzdem, dass sie etwas besseres hätten tun können.

Sie selbst hätten auch einiges anders machen können, um heute nicht hier sein zu müssen, oder?
Ich glaube, dass alles, was mich hierher gebracht hat, in seiner Weise Teil des Plans der Welt um mich herum ist, und ich vertraue darauf, dass es sich letztlich zum Guten wenden wird.

Dann glauben Sie an Schicksal und nicht an den freien Willen?
Gar nicht. Ich glaube, dass die Geschichte sich um sich selbst kümmert, dass das Universum alleine zurechkommt, und dass wir alle in gleichem Maße Facetten des Universums sind. Und auch wenn das Universum alleine zurechtkommt, so tragen wir doch zu seiner Evolution bei, und alles was wir tun, löst eine kleine Welle aus, die es zu einem besseren Ort macht… Das ist meine größtmögliche Annäherung an den Glauben in eine höhere Macht.

Dann glauben Sie nicht, dass sich die Dinge ein wenig anders entwickelt hätten, wenn Sie Ihre Erfolge ein bisschen weniger öffentlich gemacht hätten?
Ich glaube, dass die Dinge sich anders entwickelt hätten, wenn ich mich anders verhalten hätte. Aber ich glaube, wenn ich etwas anderes getan hätte als das, wofür ich glaube hier zu sein, wäre das ein spiritueller Vertrauensmissbrauch.

Bereiten Sie sich mental auf eine Gefängnisstrafe vor?
Faith manages. Der Glaube wird es richten.

Das ist Ihr Lieblingsspruch. Was bedeutet er?
Er bedeutet, dass nichts, was wir tun, vergeblich ist, und dass unser Universum, in dem wir leben, ein geschlossenes System unter den Gesetzen der Physik ist, in dem Energie nie verloren geht und alles, was wir tun, neu verteilt und an der Stelle, wo es sein sollte, wiederverwendet wird.

Ich glaube, dass es mir nicht ansteht, diese Dinge in Frage zu stellen. Sie können unangenehm sein, aber ich habe gute Zeiten erlebt. Jetzt erleben ich schlechte Zeiten, und ich werde sie überstehen.

Wie lange werden die schlechten Zeiten Ihrer Meinung nach dauern?
Eigentlich so lange, wie ich sie als schlechte Zeiten ansehe. Meine Zeit in der Untersuchungshaft könnte ich als schlecht betrachten. Wenn man da reingeht, mit den vielen Leuten gemeinsam in der kleinen Zelle sitzt, sieht das wirklich wie in einem schlechten Gefängnisfilm aus. Aber die Realität war, dass sie im Gespräch alle auftauten, wenn man ihnen die Möglichkeit gab, sich wie menschliche Wesen zu verhalten. Sie waren alle sehr hilfsbereit. Sie teilten ihre Erfahrungen und Tipps und ihren Ärger und erzählten, warum sie da saßen. Beim Rausgehen haben wir uns die Hände gegeben, so gut das mit den Ketten ging.

Nicht einfach Handschellen, richtige Ketten?
Richtige Ketten, so wahr mir Gott helfe.

Wie war es?
Jeder auf der Seite der Wärter versuchte seine Arbeit zu machen. Manche waren hilfsbereit, andere nicht. Manche wollten mich provozieren, andere nicht. Einer der Wächter redete mich, als er mir das Essen brachte, mit „Hey, du Schläger“ an. Für die Häftlinge bist du einer von ihnen und man steckt zusammen drin.

Mit der Erfahrung kann ich umgehen, wie ich das immer vorhatte, das Eingesperrtsein in eine Erfahrung wie alle anderen zu verwandeln. Ich glaube, die Regierung meint, sie kann mir das wegnehmen, was ich tue, wenn sie mir den Zugang zu Computern einschränkt und mich zwingt, einen Job anzunehmen. Aber meine Meinung ist, dass sie nicht einmal erkennen können, was ich tue. Es ist ihnen so völlig fremd, dass sie es gar nicht ausreichend verstehen können, als dass sie es einschränken könnten.

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Neueste Kommentare 

9 Kommentare zu Adrian Lamo vor dem Prozess: Bekenntnisse eines Hackers

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  • Am 18. September 2003 um 19:47 von coke

    sehr fragwürdig…
    >> Sie unterstützen mich in meinem Glück, und sie verstehen den Wert von dem, was ich tue. << -- stellt sich die Frage, welche Art von Glück da unterstütz worden ist.

  • Am 19. September 2003 um 16:30 von Sönke Dohrn

    Nur ein Art Gesellschaftskritik?
    Eine interessante Sichtweise die Herr Lamo vertritt. Allerdings kann ich nicht beurteilen inwiefern Hacker im Allgemeinen so denken, oder ob er eine Ausnahme darstellt.

    Interessant ist seine Art der Begründung zur Rechtfertigung seines Handelns. Nicht das Übliche „ich will mal sehen wie weit ich komme“, sondern eher ein Kollabieren der Administrative mit seiner eigenen Lebenseinstellung. Damit meine ich seine Art von Weltbild, dass er vertritt.

    Man könne aus seinen Wort schlussfolgern, dass er die Daten bei der New York Times nicht zur persönlichen Bereicherung gehackt hat, sondern um auf die mangelnde Sicherheit und damit verbundene Durchsichtigkeit eines Einzelnen hinzuweisen.

    Sicher, der Datenschutz ist in Amerika im Allgemeinen von geringerer Wichtigkeit, als dieses in Deutschland der Fall ist. Vielleicht möchte Lamo mit der Freilegung auf die Diskrepanz zwischen der gewährten und verwährten Zugänglichkeit von persönlichen Daten hinweisen. Somit das mehr Informationen über einen Einzelnen frei verfügbar sind, aber die Bekanntgabe Medienwirksam en masse, also das an die grosse Glocke hängen, zu grossem (gespielten) Bestürzen führt. Ist es diese gesellschaftliche vom Staat unterstüzte Verlogenheit, die Lamo bekämpft?

    Die Antwort kennt nur er, denn es ist ganz aussdrücklich nur seine Sache, sein Kampf und sein Weg.

  • Am 19. September 2003 um 16:33 von Sönke Dohrn

    @ZDNet admin
    Entschuldigen sie bitte die Vierfachnennung. Mein Browser hat sofort gepostet, ohne die Vorschau anzuzeigen.

    Ich bitte sie drei Einträge zu löschen.
    Vielen Dank

    MfG

  • Am 21. September 2003 um 17:45 von [PHCN]Kisho-Shin

    Alles Lügen !?
    Wir wollen Beweiße sehen.
    Jeder kann von sich behaupten das er in dem und dem Server war aber ob es war ist findet man nur mit Hilfe von Logs (wenn diese nicht gelöscht oder verändert wurden) oder durch den Provider über den die Verbindung zum Internet aufgebaut wurde.

    Das ist wieder ein gefundenes Fressen für die Medien. Komisch ist nur das wenn einer behauptet er häte jemanden umgebracht oder ähnliches glaubt ihm niemand bis eine Leiche vorhanden ist und so etwas wird ohne weitere Beweiße geglaubt.
    Ich versteh die Welt nicht mehr.

    • Am 21. September 2003 um 17:56 von [PHCN]FireBall

      AW: Alles Lügen !?
      Kisho du wirst es nicht glauben!
      Viele würden sogar, weil sie ja glauben das es ein Hacker seih (wie in so einem blöden Film), mit dem tauschen wollen.
      Es ist einfach so das die Medien uns zu sehr beeinflusen. Vorallem sind Leute betroffen die keine Ahnung von diesem Thema haben.

      Teste mal was!:
      Schreib ein kleines C Script oder kopier es von einer Exploit Seite runter!
      Behaupte bei einem im ICQ, den du nicht kennst, das du ein Hacker bist und zeige im das C Script.
      Ich kann dir schon fast schwören der er es sofort ohne weitere Beweiße glauben wird.
      Warum?
      Offentsichtlich, weil diese Leute keine Ahnung haben und darum dieses Script als genügenden Beweiß ansehen, weil er nicht weiss woher du es hast bzw. das es so etwas gibt und darum wirklich glaubt es wäre von dir *G*.
      Wir Anwendungsentwickler werden doch eh immer als Hacker bezeichnet, bloß weil wir ein Programm erstellen können und darum denkt jeder man könnte alles, ohne weiter nachzulesen, programmieren.

      Darum @FireBall selten im ICQ {nur Ideoten im Netz} *FG*

    • Am 25. September 2003 um 13:10 von Harlequin

      AW: Alles Lügen !?
      Ich wüsste nicht was das mit diesem Artikel zutun hat. Zusaetzlich rühmt er sich ja nicht gerade damit, die Systeme geknackt zu haben sondern er sagt ausdrücklich dass er daraus keinen Vorteil ziehen will, sondern Jura oder Journalismus studieren möchte (anstatt in die Sicherheitsbranche zu gehen wo ihm diese "Referenzen" sicher helfen würden, einen Job zu finden)
      Langer Rede kurzer Sinn: Da es keinen Vorteil für ihn birgt, Systeme zu nennen die er nie betreten hat, wird schon alles Hand und Fuß haben. =]

    • Am 25. September 2003 um 13:13 von flow

      AW: AW: Alles Lügen !?
      Ich will ja nicht nerven, aber Leute als "Ideoten" zu bezeichnen sagt schon ne Menge aus. ^^ Ihr alten Script-kiddies. =P

  • Am 8. Januar 2009 um 17:28 von Bozena

    Ej tam…!
    Fajny gosc jak widac…Nie wiem co mogla bym skomentowac..ale szukam ..zobaczymy na ile uda mi sie Go znalezc…?

    • Am 26. Juli 2010 um 22:59 von chakko

      AW: Ej tam…!
      was?

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