Amazon und eBay: Neudefinition des E-Commerce

„Rückblickend lässt sich sagen, dass eBay und Amazon alles richtig gemacht haben“, so David Kathman, Aktienanalyst beim Finanzdienstleister Morningstar. „Zuerst etablierten sie sich selbst und fanden all ihre Kunden und nun machen eBay und Amazon Geld mit dem Konzept der Mall“.

In der Frühzeit des Internethandels schien die schnelle Vermehrung von Web-Malls unvermeidlich. Namen wie iMall, ShopNow.com, ShopperConnection.com und Webtailer.com boten Einzelhändlern die Einrichtung von Shops auf ihren Seiten an und versprachen ihnen, über eine zentrale und gut beworbene Webseite Kunden anzulocken. Allerdings stellte sich heraus, dass diese Unternehmen ihrer Zeit zu weit voraus waren, denn die Kunden waren noch nicht bereit, den E-Commerce als vertrauenswürdige Möglichkeit des Einkaufens zu akzeptieren.

Auch als diesen Firmen der Erfolg ausblieb, investierten Amazon und eBay weiterhin stark in den Aufbau von geeigneten Technologie-Infrastrukturen für Shopping-Zwecke, die unter Härtebedingungen getestet worden waren. Obgleich das Hinzufügen einer neuen „Geschäftsfassade“ heute nicht mehr als ein „Plug&Play“-Vorgang ist, kann dies die Sichtbarkeit eines Händlers doch über Nacht exponentiell steigern: Zusammen erreichen Amazon und eBay jeden Monat einen Traffic von mehr als 40 Millionen Besuchern. Im Gegenzug für die Darstellungsmöglichkeit erhalten die virtuellen Malls einen Anteil der Verkaufserlöse, ersparen sich aber die Belastungen des traditionellen Einzelhandels.

Die anhaltende wirtschaftliche Schwäche und das daniederliegende Verbrauchervertrauen haben den Trend nur beschleunigt, indem sie mehr Einkäufer zu Amazon und eBay getrieben haben, ganz ähnlich wie Discounter wie Wal-Mart und Kmart in früheren Rezessionszeiten verstärkten Zulauf erhielten. Dem Trend entsprechend versuchen nun bekannte Einzelhändler und Hersteller ihre aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheit überfüllten Lager zu leeren und streben danach, Partnerschaften mit Amazon und eBay einzugehen. Vor kurzem eröffnete eBay einen neuen Shop mit dem Namen eBay Electronics, der neue, erneuerte oder gebrauchte Produkte wie Digitalkameras, Computer, Videospiele und Flachbildschirme verkaufen wird. Innerhalb von eBay Electronics hat wiederum Hewlett-Packard einen Shop eröffnet, der auf den neuesten Stand gebrachte Server, Computer, Drucker und Handhelds verkaufen soll. Andere große Firmen wie IBM, Eastman Kodak, Sears und Samsonite verfügen auch schon über ihre eigene Präsenz innerhalb von eBay.

„Die landesweit bekannten Markennamen beginnen einfach zu erkennen, dass der eBay-Marktplatz einfach zu groß ist, als dass man ihn ignorieren könnte“, prahlte eBay-Sprecher Kevin Pursglove.

Auch Amazon hat eine solche Anerkennung erreicht, wie die angekündigte Vereinbarung mit Bertelsmann über den Web-Betrieb des deutschen Medienkonglomerats CDNow beweist. Diese Vereinbarung bedeutet eine eindeutige Kapitulation von Bertelsmann, das einmal versucht hatte, Amazon mit der Webseite bol.com, die Bücher, CDs, DVDs, Spiele und Software verkaufte, Konkurrenz zu machen.

Zudem eröffnete Amazon im letzten Monat eine Seite für den Verkauf von Bekleidung, auf der Produkte von Marken wie Gap, Land’s End und Nordstrom angeboten werden. Der E-Commerce-Riese betreibt bereits die Online-Geschäfte für Toys „R“ Us, Borders Group, Target und Circuit City und führte ein Programm mit dem Namen @Merchants ein, das auch kleineren Händlern die Möglichkeit bietet an Amazons Traffic teilzuhaben.

„Dies ist eine Möglichkeit, um Amazon bedeutender werden zu lassen“, so Amazon-Sprecher Bill Curry. „Unsere langfristige Vision ist es, der Ort zu sein, an dem die Menschen alles entdecken oder finden können, was sie gerne im Internet kaufen wollen“.

Die Strategie hat die Bedeutung der einst abwertenden amerikanischen Redensart „getting Amazoned“ verändert. Als dieser Begriff um das Jahr 1998 herum zuerst im Vokabular der Wall Street auftauchte, stand er für die Angst der traditionellen Einzelhändler, dass ihnen die Online-Newcomer Geschäftsanteile abnehmen würden. Heute bezeichnet dieser Ausdruck den Wunsch der Einzelhändler, ihren Online-Betrieb an die Veteranen des E-Commerce auszugliedern.

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1 Kommentar zu Amazon und eBay: Neudefinition des E-Commerce

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  • Am 1. September 2003 um 18:55 von Frank Prenninger

    Erfolgreiches Unternehmenskonzept ja, Neudefinition nein
    Mit viel wirtschaftlichem Erfolg nutzt vor allem ebay einen Wunsch von Millionen Konsumenten: Das bequeme Einkaufen ohne lange Wege.

    Die Idee, eine Internetplattform bereitzustellen um aufgrund von Kleinanzeigen einen möglichst globalen Handel zu ermöglichen, ist nur eine technisch erweiterte Form der allgemein bekannten und üblichen Print – Anzeigenblätter.

    Der wesentliche Unterschied besteht aber darin, dass Ebay bewusst und vorsätzlich in die Verkaufsverhandlungen zwischen Käufer und Verkäufer eingreifen kann und dies auch praktiziert. Das Recht der Verhandlungspartner auf den unkontrollierten, freien Abschluss einer Kaufvereinbarung ist nicht gegeben. So streicht Ebay im Rahmen einer Verkaufsverhandlung, bei Ebay Auktion genannt, willkürlich Gebote einzelner Bieter, legale Verkaufsangebote werden nach Veröffentlichung und vor Ende einer Angebotsfrist durch Ebay gestrichen.

    Desweiteren kommt es einer Knebelung des Verkäufers gleich, das derselbe Artikel nicht gleichzeitig in parallel laufenden Online-Auktionen angeboten werden dürfte. Es entsteht die Frage, ob es Ebay auf Dauer gelingen wird, durch Knebelung der potentiellen Verkäufer einen freien Wettbewerb auf dem Markt der Online Auktionen zu unterbinden.

    Neben lukrativen Einstellungsgebühren, die traditionellen Inseratsgebühren bei Printmedien gleichzustellen sind, lässt sich Ebay seine Dienstleistung von einem Verkäufer durch eine lukrative, erfolgsorientierte Verkaufsprovision vergüten. Diese wird dem Verkäufer gegenüber von ebay fällig gestellt, ohne Rücksicht auf das erfolgreichen Zustandekommen eines rechtswirksamen Kaufvertrages. Dieser kommt schon, aufgrund der fehlenden wirksamen Willenserklärungen, alleine durch die Dienstleistungen von Ebay aber nicht zustande.
    Kommt auch später dann kein wirksamer Kaufvertrag zustande, oder entspricht die Ware nicht dem Angebot oder die Ware hat sonstige Mängel oder kommt sie erst gar nicht an, hat der Käufer Vorrauskasse geleistet und befindet sich in dann einer Zwickmühle:

    Einem übervorteilten Käufer einer Ware bleibt es zwar in diesem System unbenommen, rechtliche Schritte geltend zu machen. Er wird aber durch das bei Ebay eingeführte Verfahren „als unzuverlässiger Bieter“ eingestuft und hat mit dem Ausschluss von weiteren Kaufmöglichkeiten zu rechnen.

    Das bei Ebay verwendete Konzept ist nach kritischer Betrachtung wohl ein im Moment sehr erfolgreiches Unternehmenskonzept, das jedoch auf einen ständig grösser werdenden Markt gezielt ausgerichtet, aber auch angewiesen ist.
    Aber aufgrund der rechtlichen Grauzonen, vor Allem im Bereich der Leistungsstörungen, in denen dieses Konzept sich bewegt, ist es meines Erachtens in der bisherigen Form noch nicht geeignet, endlich das Muster dafür zu sein, das E-Commerce-Business nach Jahren der Experimente und harter Konkurrenz braucht und das die Online-Shopping-Erfahrung des Informationszeitalters definieren wird.

    Frau Yamamoto wäre gut beraten, auch im Interesse der Familie, bei notwendigen Einkäufen weiterhin solche Vertriebswege zu wählen, bei denen sie am Besten die Ware auf die Eignung für den vorhergesehen Zweck prüfen kann und wieder kommen kann, wenn ein Kauf einmal nicht zustande kommen sollte.

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