Wie geht es weiter mit UMTS?

Die Revolution in der Datenübertragung wird weltweit möglicherweise um Jahre verschoben

Die Revolution durch den neuen Mobilfunkstandard UMTS kommt später als erwartet. Mit Vodafone verschob in Deutschland nun das letzte Unternehmen seinen Starttermin zumindest in das nächste Jahr. Auch im Rest Europas zeichnen sich Verzögerungen ab. Viele Firmen in der Krisenbranche können die Milliarden nicht mehr aufbringen, um ihre Netze zu den versprochenen Startterminen in Betrieb zu nehmen.

Bis zuletzt hatte Vodafone beteuert, Kunden in Deutschland noch in diesem Jahr als erstes Unternehmen mit dem neuen multimediafähigen Mobilfunk zu beglücken. Das ist vorbei. In einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ zog Deutschland-Chef Jürgen von Kuczkowski am Donnerstag die Notbremse. Frühestens im Frühjahr 2003 soll es nun losgehen. Schuld sind laut Kuczkowski die Vodafone-Zulieferer Nokia (Börse Frankfurt: NOA3) und Motorola (Börse Frankfurt: MOT), die es nicht schaffen, zu den vereinbarten Terminen einwandfrei funktionierende Handys zu liefern.

Damit erlebt Vodafone ein ähnliches Fiasko wie die Vorgängerfirma Mannesmann Anfang der 90er Jahre, als das D2-Netz fix und fertig in der Landschaft stand, aber keine Handys und damit auch keine Kunden zum Telefonieren da waren. Dafür kann sich Vodafone Deutschland nun beim Netzausbau etwas mehr Zeit lassen. Wie alle Telefonkonzerne in Europa müssen die Briten Kosten sparen und versuchen deshalb, die Lasten aus dem Abenteuer UMTS zumindest zeitlich zu strecken. Am deutlichsten zeigte sich dies in Schweden: Dort fragte die France Télécom-Tochter Orange am Dienstag bei der Regulierungsbehörde an, ob der vorgeschriebene Termin für den Aufbau der milliardenteuren Netze nicht um drei Jahre verschoben werden könne. Noch prüfen die Regulierer.

Der auch in Schweden vertretene Vodafone-Konzern begrüßte den Vorstoß des Konkurrenten aber postwendend. „Die Anbieter haben zunehmend Schwierigkeiten, den Aufbau ihrer UMTS-Netze hinzubekommen“, meint Carole Manero vom in Montpellier ansässigen Institut Idate, das sich auf Studien zum Telekommunikationsmarkt spezialisiert hat. „Sie kämpfen mit einer kolossalen Verschuldung und können die versprochenen Investitionen oft nicht einhalten.“

So auch in Italien. Dort schlugen die Besitzer der teuer erstandenen UMTS-Lizenzen Ende Juli immerhin deutlich bessere Bedingungen heraus: Rom verlängerte die Laufzeit der Lizenzen von 15 auf 20 Jahre, wodurch die Firmen mehr Zeit bekommen, ihre hohen Investitionen bei den Kunden wieder hereinzuholen. Doch solch halbherziges Nachbessern bei den Lizenzbedingungen kommt für viele Anbieter zu spät. Am radikalsten verabschiedete sich jüngst der spanische Telefónica-Konzern von seinen europaweiten UMTS-Träumen. Vor zwei Wochen wurden von der Zentrale in Madrid sämtliche UMTS-Investitionen bei Töchtern außerhalb Spaniens auf Eis gelegt. Ob je wieder Geld fließt, ist völlig offen. Neben den Töchtern in Italien, Österreich und der Schweiz steht damit auch das Schicksal des deutschen Marktneulings Quam in den Sternen, dessen Hauptaktionär Telefónica ist. Im Moment jedenfalls sieht es so aus, als sei es besiegelt.

Die Branche schaut nun gespannt auf das finnische Unternehmen Sonera. Dieses hatte seinen Start im Heimatland für den Herbst dieses Jahres angekündigt und wäre damit das erste Unternehmen in Europa überhaupt. Doch bei dem mehrheitlich in Staatsbesitz befindlichen Unternehmen lief alleine im ersten Halbjahr ein Verlust von 2,7 Milliarden Euro auf. Experten bezweifeln deshalb, ob Sonera den vorgegebenen Zeitplan einhalten kann. Auch die noch laufende Fusion mit dem schwedischen Ex-Monopolisten Telia spreche eher für eine Verschiebung, meint UMTS-Expertin Manero.

Vodafone-Deutschland-Chef Kuczkowski sieht angesichts der Probleme bei der Konkurrenz den eigenen verschobenen Starttermin gelassen. „UMTS ist kein 100-Meter-Lauf“, meint er. „Auf ein paar Monate früher oder später kommt es also nicht an.“ Und gerade die Probleme mit fehlenden Handys Anfang der 90er Jahre zeigten, dass später nicht unbedingt schlechter bedeute: „Den großen Handy-Boom hat dies keineswegs verhindert.“

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