Telekom-Aufsichtsrat: Morgen entscheidende Sitzung über Sommer

Gremium müsste dem Vorstand "grobe Pflichtverletzung" oder gar "Unfähigkeit" nachweisen

Im Sommer-Theater beginnt der letzte Akt: Am Dienstag soll der Aufsichtsrat dem langjährigen Telekom-Chef den Laufpass geben und Technik-Vorstand Gerd Tenzer auf den Schild heben. Für Ron Sommer ist das ein Schock: Noch vor wenigen Wochen war er sich der Rückendeckung des Großaktionärs Bund gewiss, nun wurde er in wenigen Tagen von eben diesem systematisch demontiert.

Aktionärsschützer meinen, dass der Winkelzug vor der Wahl weder der Regierung noch der T-Aktie (Börse Frankfurt: DTE) hilft. Der Fall Sommer dürfte in der deutschen Wirtschaftsgeschichte einmalig sein. Nie wurde bei einem maßgeblich vom Staat beherrschten Unternehmen so offen und schonungslos über einen Nachfolger diskutiert. In nur knapp einer Woche drangen die Namen von fast einem Dutzend Kandidaten an die Öffentlichkeit.

Die Liste liest sich dabei wie das Who is Who der deutschen Großkonzerne: der ehemalige VW-Chef Ferdinand Piëch, Daimler-Chrysler-Vorstand Klaus Mangold, Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, TUI-Boss Michale Frenzel und viele mehr. Doch einer nach dem anderen winkte ab. Und im Aufsichtsrat formierte sich der Widerstand.

Die Arbeitnehmer wollten unbedingt eine Besetzung von außen verhindern. Zu groß war die Furcht, dass ein harter Sanierer den Gewerkschaftern, die in den vergangenen Jahren ohnehin schon Zehntausende Stellenstreichungen schlucken mussten, das Leben noch schwerer macht. Und viele der 257.000 Mitarbeiter hängen an ihrem Chef, der aus der behäbigen Telekom ein international agierendes Unternehnmen machte: Über 20.000 von ihnen gaben Sommer in großformatigen Zeitungsanzeigen Rückendeckung.

Was von Berlin aus zunächst angesichts Millionen frustrierter T-Aktionäre wie ein geschickter Kniff im Wahlkampf ausgesehen haben mag, wurde zunehmend zum Problem. Am Ende des Machtkampfes soll nun ein Kompromiss stehen: Sommer wird wie von der Bundesregierung gewünscht abgelöst und mit Tenzer wird ein Insider das Ruder bei Deutschlands größte Telefongesellschaft übernehmen.

Doch Sommer spielt nicht mit: Er hält sich weiter an seinem Posten fest. „Der knickt nicht ein“, hieß es am Sonntag aus seinem Umfeld. Sommer beharre darauf, dass es keinen Anlass für seinen Rauswurf gebe. Damit steht der turbulente Höhepunkt des Personaldramas erst noch bevor. Der Aufsichtsrat hat bei seiner Zusammenkunft am Dienstag voraussichtlich die schwierige Aufgabe, Sommer die nach dem Aktienrecht geforderte „grobe Pflichtverletzung“ oder gar „Unfähigkeit“ nachzuweisen, um den Weg für Tenzer frei zu machen. Aktionärsschützer sind schon jetzt besorgt, dass die Telekom durch die Personaldebatte massiv Schaden genommen hat.

„Diese völlig unprofessionelle Kandidatendiskussion schadet dem Unternehmen und damit auch den Aktionären“, sagt Lars Labryga von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK). Auch Großinvestoren sind verunsichert. So habe der Chef der Investmentbank Goldman Sachs, Henry Pauson jr., den Aufsichtsrat jüngst eindringlich davor gewarnt, den Vorstand auszuwechseln, berichtete die „Welt am Sonntag“.

„Das wird sicher negative Konsequenzen für das Unternehmen und die Aktionäre haben.“ Schafft es Tenzer an die Spitze, gilt es für ihn deshalb zunächst wieder Vertrauen bei den Anlegern zurückzugewinnen. Labryga hält trotz aller Querelen einen möglichen Neuanfang für möglich. „Sommer konnte zuletzt sagen, was er wollte.

Auch gute Nachrichten wurden ihm am Kapitalmarkt einfach nicht mehr abgenommen.“ Zwar werde auch Tenzer die Probleme des Unternehmens nicht mit einem Schlag aus der Welt schaffen, zumindest könne er aber „Aufbruchstimmung“ in das Unternehmen bringen. Für die Regierung sieht Labryga die Folgen des Gerangels negativer: Die stehe bei einem Rauswurf Sommers „als Weißer Ritter mit den dreckigen Händen“ da, sagt der SdK-Vertreter. Zusätzliche Wählerstimmen werde die Koalition damit kaum bekommen.

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