Wirtschaft rätselt über Position des neuen Regtp-Chefs

Designierter Scheurle-Nachfolger SPD-Mann Kurth gilt als Finanzminister Eichel nahe stehend

Für Berlin ist der Posten ein Politikum, für die staatlich dominierten Unternehmen Deutsche Telekom und Deutsche Post ein Ärgernis. Der Chef der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Regtp) hält bei Entscheidungen über die Öffnung der ehemaligen Monopol-Märkte die Fäden in der Hand. Dem CSU-Mann Klaus-Dieter Scheurle soll nun der SPD-Politiker Matthias Kurth folgen. Noch sind sich die Telekom- und Post-Konkurrenten nicht sicher: Ist Kurth ein geschickter Verhandlungsführer, der die Bedürfnisse der freien Wirtschaft und der Staatskonzerne unter einen Hut bringen kann, oder wird er sich als zahmer „Papiertiger“ von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) erweisen?

Der Branchenverband VATM, in dem die Telekom-Konkurrenten organisiert sind, sieht die persönliche Nähe des 48-jährigen Kurth zu Eichel weiter mit Sorge. Als der Finanzminister noch in Hessen Landespolitik betrieb, war Kurth Staatssekretär im Wirtschaftsressort. „Wir hoffen, dass die guten Kontakte, die der eine oder andere aus der SPD zu ihm hat, nicht so genutzt werden, dass Kurth in Bedrängnis gerät“, sagt VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. Er glaube aber nicht, dass Kurth, der seit März 2000 Scheurles Stellvertreter war, sich von der Politik als „Kurspfleger“ für die gebeutelte Telekom-Aktie einspannen lassen werde. „Wir gehen davon aus, dass Kurth sich der Einflussnahme bewusst ist und es nicht zu einer Verschlechterung kommt.“

Mit Hoffnung erfüllt die Telekom-Konkurrenten die Vita Kurths. Der Ex-Richter hatte nach seiner Zeit in der hessischen Landesregierung auch einen Ausflug in die freie Wirtschaft nicht gescheut. Das Intermezzo war allerdings nur kurz: Ganze acht Monate hielt es der Heidelberger beim Frankfurter Anbieter COLT Telecom aus und war dort für die Bereiche Recht und Regulierung zuständig. COLT-Chef Horst Enzelmüller bescheinigt ihm hohe Sachkenntnis und lobt sein diplomatisches Verhandlungsgeschick.

Am Montag dürfte es keine Überraschungen geben, wenn der nach Parteien-Proporz besetzte Beirat der Regulierungsbehörde in Berlin seinen Vorschlag für die Personalie unterbreitet. Der Beirats-Chef und CDU-Bundestagsabgeordnete Elmar Müller sieht eine „breite Mehrheit“ für Kurth und dessen neuen Vize Jörg Sander. Aus dem letztlich zuständigen Wirtschaftsministerium wird signalisiert, dass Ressortchef Werner Müller (parteilos) keine Einwände hat.

Der promovierte Elektrotechniker Sander hat im Gegensatz zu Kurth kein Parteibuch und war gemeinsam mit Scheurle bereits zum 1. Januar 1998 aus dem ehemaligen Postministerium in die neu gegründete Regulierungsbehörde gewechselt. Seitdem leitet der 63-Jährige die vor allem für die Deutsche Telekom AG zuständige größte Regtp-Abteilung mit 280 Mitarbeitern.

An Sachkenntnis dürfte es Sander kaum mangeln. Schon der Titel seiner Doktorarbeit lässt tiefe Einblicke in die Materie erahnen: „Untersuchung zur Dämpfung elektromagnetischer Wellen durch Regen bei 52, 90,8 und 150 Gigahertz.“ Darüber hinaus sieht VATM-Vertreter Grützner einen weiteren Vorteil: „Für Sander ist der Posten die Krönung seiner Laufbahn“, sagt er mit Blick auf das heranrückende Pensionsalter des 1937 geborenen Pfälzers. „Er hat sicherlich alle Freiheiten, die jemand genießt, der sich nicht mehr um sein eigenes Fortkommen sorgen muss.“

Kontakt:
Regulierungsbehörde, Tel.: 0228/149921

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