San Francisco kämpft gegen Dotcoms

Kalifornien hat einen Online-Kater / Mieten haben sich vervierfacht

San Francisco im US-Bundesstaat Kalifornien empfing die so genannten „dotcom“-Unternehmen bisher mit offenen Armen. Seit rund fünf Jahren schießen die Web-Firmen in der Stadt wie Pilze aus dem Boden. Doch mittlerweile hält sich das Glück über diese innovative Welle stark in Grenzen. Betriebe und Bevölkerung fühlen sich vom Boom der finanzkräftigen Branche überrollt.

Im traditionellen Industrie- und Gewerbegebiet South of Market hat sich das Stadtbild in den vergangenen Jahren gründlich gewandelt. Seit fünf, sechs Jahren halten immer mehr Internet-Firmen Einzug in das Viertel, wie der Vorsitzende des Gemeindeverbandes, Jim Meko, erzählt. „Seither sind die Mieten um das Vierfache gestiegen. Viele Dienstleistungsbetriebe mussten schließen, weil die jungen Internet-Firmen horrende Summen geboten haben, um an ihrer Stelle einziehen zu können“, empört er sich. Nur wenige der alteingesessenen Betriebe haben den Umbruch überlebt.

Mekos Druckerei ist eines der alten Unternehmen, die sich weiterhin halten. Der Grund: Vor acht Jahren hatte der 51-Jährige das Firmengrundstück gekauft – eine gewinnbringende Investition, wie sich inzwischen herausstellt, denn San Francisco ist zur teuersten Stadt der USA avanciert. Der Grundstückspreis liegt bei umgerechnet rund 2100 Mark pro Quadratmeter. Die Mietleerstände belaufen sich auf gerade mal 1,5 Prozent. Die Preise schossen durch den Zustrom der Internet-Firmen in die Höhe. Fehlender Mietraum und Probleme bei neuen Bauprojekten tun ihr Übriges.

„Kleine Betriebe können mit den ‚dotcoms‘ nicht konkurrieren, wenn es um die Verteilung von Mieträumen geht“, mahnt Debra Walkers, die sich der Bürgerinitiative gegen die Ausweitung der Industrieflächen angeschlossen hat. Kleine Handwerksbetriebe würden so vertrieben, fast ein Drittel von ihnen habe in den vergangenen drei Jahren wegziehen müssen.

San Francisco, einstmals sonniges Refugium der Aussteiger und Unangepassten, sei ein verlorenes Paradies, klagen die Gegner des „dotcom“-Booms. Man dürfe aber auch nicht vergessen, dass die Internet-Firmen im Laufe der vergangenen Jahre rund 500 Millionen Dollar in der Stadt gelassen hätten, hält der oberste Wirtschaftsplaner in der Stadtverwaltung von San Francisco, Emilio Cruz, dagegen. „Wir können dieses Wachstum nicht willkürlich stoppen“, sagt er. „Was wir hingegen tun können, ist zu verhindern, dass die Firmen der Neuen Wirtschaft die anderen Geschäfte verdrängen.“ Bürgermeister Willie Brown hat dafür einen Entwurf vorgelegt, der den Ausbau der Büroflächen vorsieht, ihn aber begrenzen und kontrollieren will.

Während die Bauunternehmen den Plan des Stadtoberhauptes unterstützen, hoffen Debra Winger und ihre Mitstreiter auf eine radikalere Lösung. Wenn es nach ihnen geht, werden in den von den Internetfirmen überschwemmten Vierteln überhaupt keine Büros mehr gebaut. Bei Neubauten außerhalb des Finanzviertels der Stadt müsste zudem erst die Zustimmung der Anwohner eingeholt werden. Die Stimmung ist mittlerweile dermaßen aufgeheizt, dass die Stadt beide Entwürfe zur Abstimmung gebracht hat. In einem Referendum entscheiden die Bürger im November über das künftige Gesicht San Franciscos.

In den vergangenen Wochen haben auch immer mehr Stadtverwaltungen südlich von San Francisco gelegenen Silicon Valley ihr Veto gegen die Ansiedlung neuer High-Tech-Firmen eingelegt (ZDNet berichtete). Zwar verdienen die Gemeinden nicht schlecht an den Unternehmen, doch die alteingesessenen Bürger klagen zunehmend über den steigenden Autoverkehr und die explodierenden Mieten.

Redwood City, Heimat unter anderem von Oracle, Excite@Home und Napster, beraten derzeit sehr kritisch über Bauvorhaben der ansässigen Computer- und Internet-Firmen. „Die Gebäude sollen so groß und massiv werden – da wollen wir etwas mehr Kontrolle haben“, erklärte der Stadtplaner Tom Passanisi. Ähnliches plant die Gemeinde von Menlo Park, berichteten die „San Jose Mercury News“. Auch Palo Alto suche gerade nach Gesetzen, um die Ansiedlung neuer Unternehmen zu unterbinden.(mit Material von AFP)

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