Carnivore-Kommission vom Geheimdienst unterwandert?

Bürgerrechtsgruppen und Politiker kritisieren Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses

Die Bürgerrechtsgruppe American Civil Liberties Union (ACLU) und die Republikanische Partei der USA kritisieren die Zusammensetzung des Untersuchungskomitees für die FBI-Schnüffelsoftware Carnivore. Die führenden Köpfe des Ausschusses seien allesamt ehemalige Geheimdienstler und Angehörige des Verteidigungsministeriums.

Bereits in der vergangenen Woche sah der Parlamentschef der Republikaner Dick Armey aus Texas seine Befürchtungen im Hinblick auf die Zusammensetzung bestätigt und erklärte: „Wir brauchen eine wirklich unabhängige Untersuchung, kein Weißwaschen der Angelegenheit.“

„Durch die Wahl von Leuten mit ausgesprochen engen Beziehungen zur Regierung haben die Ausführenden bewiesen, dass man ihnen in dieser Angelegenheit nicht trauen kann“, stieß der ACLU-Direktor Barry Steinhardt ins selbe Horn.

Das US-Justizministerium hatte Ende September das angeblich unabhängige IIT Research Institute (IITRI) aus Chicago angeheuert, um Carnivore unter die Lupe zu nehmen. Die Untersuchung war von Kongressmitgliedern und Bürgerrechtsgruppen gefordert worden.

Das IITRI-Forschungsteam besteht aus mehreren Mitgliedern des Chicago-Kent College of Law und steht in enger Verbindung zum Illinois Institute of Technology. Zum Team gehören der IITRI-Manager J. Allen Crider, der bereits für die NASA und das FBI tätig war; die Informatikerin Mary Ranade, früher angestellt beim Internal Revenue Service (IRS) und dem Defense Technology Center der Regierung; der Wissenschaftsberater Steve Mencik, der ebenfalls für IRS und den Supergeheimdienst National Security Agency (NSA) aktiv war.

Die Kommission soll ihre Arbeit umgehend aufnehmen. Im Dezember werde es dann einen Report vorlegen. IITRI beschäftigt etwa 1500 Angestellte und hat bereits früher unabhängige Untersuchungen für die US-Regierung angestellt.

Etliche Universitäten, die das Justizministerium um eine Bewerbung gebeten hatte, lehnten eine Untersuchung unter Hinweis auf unzumutbare Vorgaben ab. Beispielsweise darf die untersuchende Organisation keine unabhängigen Kommentare abgeben. Darüber hinaus dürfen die Prüfer keine Programmteile unter die Lupe nehmen, die nicht vom Justizministerium freigegeben wurden.

Das FBI kann mit der Carnivore-Software auf richterliche Anordnung hin bei einem ISP die Mails eines seiner Kunden mitlesen. Die Entwicklung und Erprobung von Carnivore fand unter höchster Geheimhaltung statt, was bei bekannt werden des Projekts zu scharfer Kritik von Bürgerrechtsgruppen führte. Da Daten zu Carnivore unter dem „Freedom of Information“-Act veröffentlicht werden sollen, sucht das US-Justizministerium gerade eine Uni, die Carnivore auf seine Rechtmäßigkeit durchleuchten sowie die Veröffentlichung leiten soll.

Carnivore entsteht unabhängig vom geheimen Spionageprojekt Echelon, demonstriert dennoch eindrücklich, wie wenig der Schutz der Privatsphäre in der digitalen Welt zählt. ZDNet hat zu der Entstehungsgeschichte, der Wirkungsweise sowie den Zielen und Hintermännern von Echelon einen internationalen News Report zusammengestellt.

Themenseiten: Datenschutz, Echelon, National Security Agency, Privacy, Telekommunikation

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